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TinkerBib - Technik, Coding und Tüfteln für Kinder und Jugendliche

Eine Reportage über die medienpädagogische Arbeit in der Bücherhalle Niendorf

Drei Jungen stehen in einer Schlange und halten sich an den Händen gefasst. Der hinterste von ihnen hat das Erdungskabel in der Hand – es ist sehr lang gespannt. Der vorderste drückt auf ein Stück Alufolie, es erklingt ein Vibrationssound und der Buchstabe D wird auf dem Display der programmierbaren Kreativ-Platine Calliope mini angezeigt. Jana Marie Herforth, Fachangestellte für Medien und Information (Fami), lacht und ermahnt sie: „Zieht das Kabel nicht zu lang, sonst reißt es!“

Jeden zweiten Freitag findet im Gruppenraum der Bücherhalle Niendorf die TinkerBib als offenes Angebot statt. Dort können Kinder und Jugendliche ab sieben Jahren neue Technik und Medien ausprobieren: zum Beispiel Virtual-Reality-Brillen, 3D-Stifte oder wie heute den Calliope mini.

Die Bücherhalle Niendorf hat die entwickelten Ideen eines Studienprojektes der HAW Hamburg getestet und mit dem gleichnamigen Label „TinkerBib“ eine Veranstaltungsreihe geschaffen, die seit dem Oktober 2017 alles rund um das „Medientüfteln“ anbietet. „Andere Stadtteilbibliotheken haben das übernommen und bieten zum Beispiel Workshops zu Trickfilmen an. Es läuft echt gut“, erklärt Daniel Murday, Bibliothekar und Leiter der Bücherhalle Niendorf.

Smartboard mit Übersicht zur Platine

Noch bevor die Kinder experimentieren dürfen, wird ihnen der Calliope mini vorgestellt: Die Platine verfügt über unterschiedliche Sensoren, die einzeln von den Teilnehmenden programmiert werden können, um bestimmte Interaktionen hervorzurufen wie beispielsweise ein Licht zum Leuchten zu bringen.

 

„Versuch doch mal, mit sechs Versuchen auf den Wert 27 zu kommen!“

Die Fami und der Bibliothekar haben drei Stationen dazu vorbereitet. Die Kinder verteilen sich im Raum und probieren aus: Es gibt ein Pendel, das Größen errechnen kann. So finden sich schnell ein paar Kinder zusammeln, die sich gegenseitig vermessen und Größen auspendeln. Über den Lagesensor der Platine und die Pendelschwingungen werden Größen in mm angegeben, leichte Schwankungen sind natürlich. Auf die Frage „Wie groß bist du?“ antwortet ein Mädchen: „150cm“. „Schau mal, da steht 148. Das passt!“

Am Klavier werden mithilfe von Berührungen der Kinder von angeschlossenen leitfähigen Materialien Töne ausgelöst und auf dem Display gezeigt. An einer weiteren Station ist Calliope eine Rechenmaschine. Es gibt verschiedene Becher, die bestimmte Werte darstellen, zum Beispiel bedeutet der eine „plus 5“, ein anderer „minus 1“. „Versuch doch mal, mit sechs Versuchen auf die Zahl 27 zu kommen“, schlägt Daniel Murday vor. Ein Junge nimmt den aus Alufolie geformten Ball, der über das Erdungskabel mit der Kreativ-Platine verbunden ist. Dieser wird mehrfach in die Becher gestoßen. So gelangt er auf „+5, +5, +5, +3, +3, +3“, wie der Junge nebenbei mitzählt.

Wenig später wollen die ersten Kinder wissen, wie der Calliope mini nun genau funktioniert  und die Rechenmaschine weiter programmieren. Die Teilnehmenden erweitern kurzerhand gemeinsam ihre Funktionen. Sie testen die Erweiterung und rechnen mit dieser weiter. Ganz nebenbei werden das logische Denken, die Wahrnehmung und der Umgang mit verschiedenen neuen Medien gefördert.

 

„Es ist auf jeden Fall wichtig, sich selber immer weiterzubilden und am Ball zu bleiben.“

„Es geht darum, Zugang zu Endgeräten wie Computern zu bekommen“, erklärt Daniel Murday. „Gerade ist zum Beispiel Robotik im Trend – daher haben wir uns auch einen Roboter angeschafft. Genau so ist auch Virtual Reality ein Thema. Dies greifen wir in der TinkerBib auf.“

„Gerade, weil die Entwicklung der digitalen Medien so schnell geht, müssen Bibliotheken auf den Zug aufspringen und das tun die Bücherhallen“, ergänzt Jana Herforth. „Es gab ja auch das Medienkompetenzcluster bei den Bücherhallen, eine einjährige Fortbildung für Famis und Bibliothekare. Dort haben sie medienpädagogische Ansätze und Projekte kennengelernt und sehr viele eigene Konzepte erarbeitet, die wir für die TinkerBib und Veranstaltungen mit Schulklassen als nächstes verwenden wollen.“

Umso wichtiger erscheint es ihr daher auch, sich mit neuen Medien und Angeboten auseinanderzusetzen: „Ich habe erst vor kurzem gemerkt, welche technischen Entwicklungen es gibt. Das wusste ich vorher gar nicht und da fühlt man sich dann mit 22 Jahren schon langsam alt, weil man das nicht gelernt hat.“

Daniel Murday ergänzt: „Wir präsentieren diese hier. Wir unterstützen. Wir zeigen. Und wir machen den ein oder anderen Workshop.“ In den kommenden Ferien möchten die Beiden einen weiteren Workshop zur Programmierung mit dem Calliope mini anbieten. Das Mediennetz Hamburg bedankt sich für den Besuch und das Interview.

Diese Veranstaltung ist eines von vielen Beispielen, wie Medienbildung in den Bücherhallen Hamburg stattfindet. Weitere Veranstaltungen und Projekte wurden in den bereits bestehenden Teilen der Reportagereihe aufgegriffen.

Text und Fotos: J. Albertsen

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