Die Produzentin Verena Gräfe-Höft ist 1972 geboren. Sie ist Geschäftsführerin bei der Produktionsfirma Junafilm UG, die sie 2009 selbst gegründet hat. Unter diesem Namen produziert sie seitdem Spielfilme, unter anderem "Tore tanzt", der 2013 der einzige komplett deutschsprachige Beitrag in Cannes war.
Mediennetz-Hamburg: Wie sind Sie Produzentin geworden?
Verena Gräfe-Höft: Nach dem Abitur habe ich ein Volontariat bei einem Lokalradio gemacht und lernte dort das journalistische Handwerk. Moderation, Recherchetätigkeiten, Reportagen schreiben und Interviews führen. Außerdem habe ich auch die Filmberichterstattung gemacht. Schon während des Volontariats habe ich mich sehr für Filme und Geschichten interessiert. Beim Radio hatte ich dann die Möglichkeit, viele wichtige Filmemacher interviewen zu können. Das hat meine Leidenschaft fürs Kino beflügelt. Nachdem ich eine Weile auf journalistischer Ebene beim Fernsehen gearbeitet habe, habe ich mich mit Mitte 20 für ein Studium der Amerikanistik, Journalistik und Ethnologie entschieden. Außerdem habe ich ein Praktikum in LA gemacht, bei Reuters und als freie Journalistin gearbeitet. In einer zweiten Karriere habe ich mit Mitte 30 bei der Hamburg Media School das Masterstudium "Creative Film Producing" begonnen, da ich mich ganz auf Filme konzentrieren wollte.
Gibt es noch andere Wege Produzent/in zu werden außer über ein Filmstudium?
Es gibt viele Quereinsteiger, die Jura oder BWL studiert haben. Dieses spezielle Wissen kann von Vorteil sein, für den Abschluss von Verträgen beispielsweise und für alles rund um die Finanzierung. Ein Filmstudium ist nicht der einzige Weg, aber ich empfinde ihn als den direktesten. Das Besondere an der Hamburg Media School und auch der Grund, warum ich mich nur dort beworben habe, ist, dass die Studierenden dort die Möglichkeit haben, sehr konzentriert und kompakt in nur zwei Jahren in die Filmindustrie einzusteigen. Außerdem ist es wichtig, Kontakte zu knüpfen, ein Netzwerk aufzubauen und andere Filmemacher kennen zu lernen. Schließlich entsteht ein Film nur im Team.
Welche Einsatzgebiete gibt es für Produzenten/innen?
Die Möglichkeiten sind sehr unterschiedlich und vielfältig. Beispielsweise kann man als Co- oder Junior-Producerin in eine große Produktionsfirma einsteigen. Ebenso als angestellte Produzentin anfangen oder als Assistentin für die Produktions- oder Herstellungsleitung. Je nachdem, welche Vorbildung und Neigung die Absolventen mitbringen, können Nachwuchsproduzenten auch als dramaturgische Beratung in die Branche einsteigen. Für mich war relativ schnell klar, dass ich mich selbstständig machen möchte, indem ich meine eigene Firma gründe.
Welchen Herausforderungen müssen Sie sich bei ihrer täglichen Arbeit stellen?
Das Geld zusammen zu bekommen, das gilt natürlich für jedes Projekt. Damit ich den Film produzieren und die Leute bezahlen kann. Das Schöne an dem Beruf ist, dass er sehr vielfältig ist und es nicht wirklich diesen klassischen Alltag gibt. Ich habe viel mit Kunst und kreativen Menschen zu tun. Wenn ich ein Filmprojekt annehme, steht am Anfang immer die Entwicklung der Geschichte. Als Produzentin ist man auch immer Dramaturgin und überlegt mit den Autoren zu Beginn schon, wer könnte die Regie führen, welche Sender und welche Redakteure könnten wir mit einbinden. Wenn ich eine eigene Filmidee habe, überlege ich, wer könnte mit mir zusammen das Projekt aufziehen, wem könnte ich es mal vorstellen. Für jeden Film müssen aber Verträge gemacht werden, Termine vereinbart, Motive vorbereitet und Teams zusammengestellt werden.
Wie muss ein Film sein, damit Sie ihn produzieren?
In gewisser Weise muss die Geschichte etwas Originelles besitzen, also eine Besonderheit haben, beispielsweise etwas Genrespezifisches oder ein bisschen verrückt sein. Es gibt nicht die eine Geschichte. Figuren und Motive, die nichts Spezielles aufweisen und schon tausendmal gezeigt wurden, würden mich nicht besonders reizen. Mich interessieren gesellschaftspolitische und universelle Geschichten, die beispielsweise auch in anderen Ländern spielen, das finde ich spannend.
Was unterscheidet Sie als Produzentin von einem Producer?
Die selbstständige Produzentin - so wie ich es bin – geht ein Risiko ein mit ihrem eigenen Vermögen. Zudem gehört mir der Film, da ich Hersteller des Films bin bzw. die Rechte erwerbe. Producer entscheiden nicht unbedingt selbst, welches Filmprojekt umgesetzt wird. Das Projekt wird zugeteilt, die Producer bekommen ein festes Gehalt und gehen nicht ins Risiko.
Welche Fähigkeiten sollte ein/e Produzent/in unbedingt mitbringen?
Ich glaube, man muss vielseitig interessiert und belesen sein und ebenso Lust an Zahlen wie an Geschichten haben. Eine gewisse Allgemeinbildung und Interesse daran, was in der Welt geschieht, ist wichtig. Ich denke, dazu gehört auch Menschenkenntnis und eine gute Art und Weise mit Leuten umzugehen. Produzenten sollten etwas von Dramaturgie verstehen um Anregungen geben zu können, dafür ist es auch gut, ins Theater zu gehen und Zeitungen zu lesen, um über den Tellerrand hinaus zu blicken.
Wird sich das Berufsbild Ihrer Ansicht nach in den nächsten Jahren verändern?
Ich glaube, was sich verändern wird, ist die Art und Weise wie Filme ausgewertet werden. Das zeigen schon Beispiele wie die US-Online-Videothek netflix. Die Vertriebswege werden sich wandeln und das Fernsehen wird nicht mehr die alleinige Oberhand haben. Vieles wird in Zukunft im Internet ausgewertet werden, ohne dass es weniger populär sein wird. Auch in Deutschland wird sich einiges verändern. Der Kern, der eine gute Geschichte ausmacht, der wird sich nicht so sehr ändern und Filme werden auch weiterhin im Team entstehen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Hier geht es zur Website von Verena Gräfe-Höfts Produktionsfirma Junafilm: www.junafilm.de
(Doreen Kirschner)