Was macht eigentlich... eine Filmemacherin?
Ein Interview mit der Hamburger Filmemacherin Dorothea Carl über ihre Motivation, ihren Arbeitsalltag und ihre Projekte

Dorothea Carl, geboren 1962 in Münster, Westfalen, lebt und arbeitet als Filmemacherin in Hamburg. Sie studierte Visuelle Kommunikation an der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK). Ihre Projekte liegen im Kunst- und Dokumentarfilmbereich.

Mediennetz Hamburg: Frau Carl, wie sind Sie Filmemacherin geworden?

Dorothea Carl: Ich habe relativ viele unterschiedliche Sachen gemacht. Angefangen habe ich mit dem Studiengang Textildesign, habe dann aber festgestellt, dass das nicht mein Fall war. Anschließend war ich im Theaterbereich für Requisiten und Dekoration zuständig und zuletzt studierte ich Visuelle Kommunikation an der HFBK. Danach habe ich mich selbstständig gemacht und arbeite nun als Filmemacherin. Ich drehe Dokumentar- und Kurzfilme.

Was genau gehört denn zu ihren Aufgaben beim Filmemachen?

Zu meinen Tätigkeiten gehört Regie. Aber ich filme auch alles, schneide und mache selbst die Tonbearbeitung. Workshops mache ich auch.

Sie haben eben gesagt, Sie seien selbstständig. Da stellt sich mir dir Frage, wie Sie Ihre Projekte finanzieren?

Die Tätigkeit beruht zu einem starken Teil auf Selbstausbeutung... Bei zwei Projekten wurde ich durch die Filmförderung Hamburg unterstüzt.
Ansonsten gibt es Auftragsarbeiten. Ich zum Beispiel verdiene mein Geld auch durch Workshops an Schulen über die KurzFilmSchule. Die KurzFilmSchule gehört zur KurzFilm Agentur Hamburg und ist ein Verein, der von der Kulturbehörde unterstützt wird.
Bei den Workshops, in denen ich dann in der Schule zusammen mit Schülern/innen arbeite, fungiere ich als Lehrerin. Zum Beispiel bei einer Projektwoche, in der ich versuche, eine Gruppe dazu zu bringen, Ideen zu entwickeln, Videos zu drehen und zu schneiden. Die Gruppe kann entscheiden, ob sie Trickfilme drehen möchte, auf die Straße gehen möchte, Umfragen machen möchte oder selbst schauspielern will. Die Produkte der Workshops laufen dann zum Teil auf Festivals, einige werden auch ins Internet gestellt. Die Altersgruppen für die Workshops können ganz unterschiedlich sein, von Grundschülern bis hin zu Berufsschülern.

Was hat Ihr Interesse am Filmemachen geweckt?

Das Arbeiten mit Bild und Ton hat mich sehr interessiert - visuell zu arbeiten und auf diese Art und Weise einen Blick auf die Welt zu werfen.

Was sind die Vor- und Nachteile am Filmemachen für Sie?

Ein Vorteil ist der Freiraum. Man kann sich die Zeit aussuchen und ist nicht festgelegt. Also gibt es keine festen Arbeitszeiten. Der Nachteil ist, dass man sich irgendwie über Wasser halten muss, was die Finanzierung angeht.

Was sind Ihre aktuellen Projekte?

Momentan habe ich zwei Projekte. Bei dem einen Projekt geht es um die Langzeitbeobachtung. Es ist eine filmische Beobachtung über die Veränderung und die Umstrukturierung des Stadtraums Altona.
Das andere Projekt heißt "PERSONA NON DATA". Ich dokumentiere die Geschichten jugendlicher Flüchtlinge, die in Deutschland auf einen Neubeginn hoffen. Ich schaffe ein dichtes Portrait ihres Alltags und ihrer Unterkünfte. Flüchtlinge aus Ländern wie Afghanistan, Iran oder Afrika erzählen über die Ereignisse und Hürden, die sie auf der Flucht erlebt haben. Sie berichten darüber, was sie dazu veranlasst hat, ihr Heimatland zu verlassen und mit welchen Schwierigkeiten sie nun in Europa, besonders in Deutschland, konfrontiert sind. Die Emigranten und Asylanten geben Einblicke in die Suche nach einer neuen Existenz. Dieses Projekt wird staatlich gefördert.

Woher nehmen Sie die Ideen für Ihre Dokumentarfilme?

Es ist mein eigenes Interesse, ich gehe durch die Welt, sehe einiges und werde dann neugierig. Ich möchte mehr erfahren. Ich denke, dass es so viele interessante Dinge gibt, die in keinster Weise erwähnt werden und dass man solchen Menschen die Möglichkeit geben sollte, über ihre Erfahrungen zu berichten.

Wo werden Ihre Filme veröffentlicht?

Einige Kurzfilme, die ich gedreht habe, laufen auf Festivals. Beim KurzFilm Agentur Verleih kann auch angefragt werden. Im Fernsehen sind die Filme nicht zu sehen, da die Sendeplätze für Dokumentarfilme sehr reduziert sind und es ist sehr schwer den Film da unterzubringen.

Noch eine letzte Frage: Worauf achten Sie besonders, wenn Sie einen Film drehen?

Was mir besonders wichtig ist, ist, dass er den Leuten gerecht wird und sie sich nicht irgendwelche Geschichten ausdenken.


Das Interview führte Sultana Raziq, Studentin an der HAW Hamburg