Was macht eigentlich...ein/e Techjournalist/in?
Stefanie Enge ist selbstständige Techjournalistin und berichtet über ihren Werdegang und die Reize und Herausforderungen in der männerdominierten Gamesbranche

Am 20. September 2014 wird Stefanie Enge bei PLAY14, dem Festival für kreatives Computerspielen, in Hamburg zu Gast sein. Gemeinsam mit Uke Bosse und weiteren Talkgästen aus der Medienbranche wird sie sich zum Thema "Doing Gender in Games? Geschlechterrollen in Computerspielen" äußern. Das Mediennetz Hamburg hat bereits im Vorfeld mit der Techjournalistin über Technik, Journalismus und den Arbeitsalltag im Medienbereich gesprochen.

Mediennetz Hamburg: Der Begriff Techjournalistin ist vielen noch fremd und der Beruf kein direkter Ausbildungsberuf. Wodurch ist die Arbeit einer Techjournalistin gekennzeichnet?

Stefanie Enge: "Techjournalistin" ist mein Beiname für mich als selbständige Journalistin im Technik-Bereich und keine Berufsbezeichnung. Mein Arbeitsalltag umfasst eine bunte Mischung aus Reaktionsdiensten, wie Recherchieren, Herumtelefonieren, Termine besuchen, Interviews führen und Artikel schreiben sowie aus Planen und Moderieren, Messen besuchen, Videos drehen, Spiele testen und alles rund um Technik.

Wie sind Sie Techjournalistin geworden?

Der Beruf des Journalisten kann über verschiedene Wege erreicht werden. Dafür gibt es Journalistenschulen, wie zum Beispiel die Axel Springer Akademie in Berlin, die Henri-Nannen-Schule in Hamburg oder die DJS in München. Alternativ kann man in Redaktionen ein Volontariat absolvieren oder auch Journalismus bzw. Journalistik studieren. Ich habe mich zuerst für ein Informatik-Studium entschieden und parallel, während ich meine Bachelorarbeit geschrieben haben, einen Platz an der Axel Springer Akademie bekommen.

2012 wurden Sie also in die renommierte Axel Springer Akademie aufgenommen. Was denken Sie, hat die Auswahlkommission überzeugen können?

Wichtig ist, dass man für das brennt, was man erreichen will. Nur mit Leidenschaft für den Job, Talent zum Schreiben und Finden von Geschichten, wird man sich in diesem Beruf durchsetzen können. Bei der Axel Springer Akademie gibt es drei Phasen der Bewerbung. Die erste passiert schriftlich. Hier werden Fragen gestellt, wieso man für den Job geeignet ist. Wird man zur nächsten Runde eingeladen, muss man sein Allgemeinwissen in einem schriftlichen Test in Berlin beweisen und in wenigen Stunden eine Reportage über ein Thema schreiben, das man erst an diesem Tag bekommt. Bei mir war es damals "Berlin - Stadt der Extreme". Die dritte Runde besteht aus einem persönlichen Gespräch mit einigen Vertretern der Akademie und den Redaktionen, für die man sich beworben hat. In meinem Auswahlgespräch wurden mir auch sehr viele technische Fragen gestellt. Zum Beispiel musste ich erklären, wie ein Virenscanner funktioniert oder wie verschiedene Backup-Programme im Detail arbeiten. Vielleicht wollten sie damit testen, ob ich wirklich Ahnung von Technik habe. Da ich alle Fragen ohne Probleme beantworten konnte, habe ich anscheinend überzeugen können.

Was reizt Sie besonders an ihrer Arbeit als Techjournalistin?

Es ist die Vielfalt. Mein Alltag ist immer wieder anders. Das ist das Schöne an diesem Job und der Selbstständigkeit. Und die tollen Menschen, die man kennen lernt, wenn man ihre Geschichten erzählen möchte. Natürlich brennt in mir auch ein großes Feuer für Technik und Games, sodass ich mich sehr freue, Laptops, Tablets, Handys oder Spiele detailliert auseinanderzunehmen.

Wie wählen Sie Ihre Themen aus und wie entscheidet sich, wo Ihre Beiträge und Artikel veröffentlicht werden?

Es gibt Themen mit einem aktuellen Aufhänger. Wenn zum Beispiel das neue iPhone erscheint, stehen in diesem Moment natürlich Testberichte an. Sonst beschäftige ich mich mit Themen, die für die jeweiligen Leser interessant sein könnten. Journalismus kann für den Leser neben der Berichterstattung auch unterhaltend sein. Es gibt keine Formel, nach welchem Prinzip man Themen auswählt.

Was sind die größten Herausforderungen in Ihrem Beruf?

Multitasking und Schnelligkeit. Manchmal passieren irgendwo in der Welt Dinge, die man sofort verbreiten will. Dann muss man sehr schnell und trotzdem genau sein. Recherchieren, mit Experten sprechen und einen für die Leser leicht verständlichen Text schreiben passiert dann fast gleichzeitig. Das ist die große Herausforderung, wenn man für Online-Medien berichtet.

Sie haben sich auf das Thema Games spezialisiert, u.a. sind Sie auch Teil der Bild-Gamer-WG. Gibt es spezielle Bereiche in der Games-Landschaft, die Sie besonders interessieren?

Ich interessiere mich neben den fertigen Spielen an sich sehr für die Programmierung und die Engines, mit denen ein Spiel entsteht. Ich freue mich sehr, wenn mir die Entwickler ein paar Details verraten oder sogar zeigen, wie sie ein Gameplay-Problem programmiertechnisch gelöst haben.

Was sind die Kenntnisse, die man mitbringen sollte - zum Beispiel an Spielstundenerfahrung - um sich als Games-Spezialist darzustellen?

Nur weil man 200 Stunden "Battlefield" gespielt hat, ist man noch lange kein Games-Spezialist. Im besten Fall ist man mit Spielen aufgewachsen, hat ein sehr großes Interesse an Neuerscheinungen, erkennt Trends in den Entwicklungen und kennt sich in der breiten Masse und allen Genres aus.

Ist es eine besondere Herausforderung, als Frau in der Männer-dominierten Games-Branche unterwegs zu sein?

Ja, das ist es. Aber wenn Männer, die in diesem Bereich Vorurteile hegen und merken, dass ich Ahnung von dem habe, über das ich rede, verfliegt ihre negative Stimmung meistens und schlägt in interessierte Gespräche um. Es gibt einfach nicht so viele Frauen in der Technik, muss es auch nicht, wenn die Masse der Frauen lieber etwas anderes machen will. Aber dadurch gibt es einfach manchmal einen Gesprächspartner, der sich erst daran gewöhnen muss, mit einer Frau zu sprechen.

Haben Sie Tipps für Nachwuchsjournalisten, die sich auch für den Tech-Bereich interessieren?

Interesse alleine reicht nicht. Man muss sich schon auskennen und zum Beispiel wissen, wie ein Computer oder ein Smartphone funktioniert, was der Unterschied zwischen Streaming und Filesharing ist, oder wie man Benchmark-Ergebnisse interpretiert. Technische Geräte einfach nur zu benutzen ist zu wenig, um Journalist im Technikbereich zu werden.

Das Mediennetz Hamburg bedankt sich für das Interview.