Was macht eigentlich... ein/e Cutter/in?
Das Mediennetz Hamburg hat mit Lara Januszewski über die Freuden und Herausforderungen beim Schneiden von Filmmaterial gesprochen

Lara Januszewski studierte an der Merz Akademie in Stuttgart Kommunikationsdesign mit dem Schwerpunkt Film und Video. Im Rahmen ihres Studiums hat sie mehrere Praktika im Bereich Schnitt absolviert und arbeitet nunmehr seit vier Jahren freiberuflich als Cutterin in Hamburg.

Mediennetz Hamburg: Was hat man sich unter dem Beruf einer Cutterin vorzustellen?

Lara Januszewski: Eine Cutterin bekommt das gesamte Material eines Drehs und schneidet daraus dann einen Film. Erst wird gesichtet, sortiert, strukturiert und dann überlegt man, wie der Film aufgebaut werden soll. Ich fange oft mit dem Material an, das mich am meisten anspricht und arbeite mich dann blockweise voran. Das heißt, ich schneide mehrere Sequenzen, die ich später zusammensetzte und die dann am Ende den fertigen Film ergeben. Eine Cutterin ist auch für die Musikauswahl zuständig, was mir persönlich sehr viel Spaß macht. Oft legt eine Cutterin verschiedene Musikstücke unter die Videospur, die als Vorlage dienen und dann von Musikern für den Film nochmal neu komponiert werden.

Wie bist du dazu gekommen Cutterin zu werden, war das von vornherein dein Berufswunsch oder gab es eine Art Schlüsselerlebnis?

Ein Schlüsselerlebnis gab es eigentlich nicht. Ich wollte auf jeden Fall etwas Kreatives machen und habe mich schon immer sehr für Film interessiert und begeistert. Ich entschied mich dann dafür, Kommunikations- Design mit Schwerpunkt Film und Video zu studieren. Dabei habe ich schnell gemerkt, dass mir das Schneiden am meisten Spaß macht und habe dann auch versucht, meinen Schwerpunkt darauf zu legen.

Wie lange arbeitest du schon in deinem Beruf?

Nach meinem Studium bin ich nach Hamburg gezogen und habe direkt angefangen zu arbeiten. Das war im Sommer 2010, also genau vor vier Jahren.

Was lernt man in einer Ausbildung zur Cutterin?

Ich habe nie eine klassische Ausbildung zur Cutterin gemacht. Mein Studium war mehr auf Theorie ausgerichtet und im Nachhinein hätte ich mich auch lieber für eine Ausbildung zum Mediengestalter für Bild und Ton entschieden, weil man da von Anfang an mehr in die Praxis geht und dadurch auch die technischen Hintergründe viel besser kennenlernt. Das hat mir in meinem Studium ein bisschen gefehlt. Wie die Ausbildung genau verläuft, weiß ich leider nicht, aber man lernt erstmal die grundlegenden Dinge wie z.B. Töne anlegen, Drehmaterial anlegen und sichten und fängt dann ziemlich schnell an, eigene Projekte zu schneiden. Ich habe während meines Studiums mehrere Praktika im Bereich Schnitt gemacht, bei denen ich sehr viel gelernt habe. Das würde ich auch jedem empfehlen, der sich für diesen Beruf interessiert.

Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?

Es kommt ganz darauf an, ich welcher Schnittphase ich mich befinde. Wenn ich ein neues Projekt anfange, verbringe ich erst mal viel Zeit damit, das Material kennenzulernen. Ich schaue mir alles an und bekomme dann meistens schon die ersten Ideen, wie ich schneiden könnte. Wenn ich dann so richtig mit dem Schneiden beginne, vergehen die Tage wie im Flug. Ich sitze von morgens bis abends oder nachts am Computer und schneide meine einzelnen Sequenzen zusammen. Doch es gibt auch Tage, an denen es nicht so gut läuft und ich erst sehr spät beginne, wirklich kreativ zu sein. Wenn ich dann soweit bin, treffe ich mich mit meinem Regisseur und wir besprechen, wie es weiter geht. Sobald der Rohschnitt fertig ist, beginnt die Feinarbeit, was nochmal sehr aufwendig ist. Ich gehe die einzelnen Schnitte durch und verändere z.B. die Länge der einzelnen Clips. Ein paar Frames können da schon unglaubliche Unterschiede bewirken! Ganz am Schluss säubere ich dann noch die Tonspuren.

Mit welchen Programmen arbeitest du?

Ich schneide meistens mit Final Cut und habe auch schon viel mit Avid gearbeitet. Das sind eigentlich die beiden gängigsten Schnittprogramme. Aber seitdem Final Cut komplett neu umgeschrieben wurde, versuche ich mehr mit Premiere zu schneiden, da ich mit der Final Cut Version nicht mehr so gut zurecht komme.

Was war dein bisher größtes Projekt?

Mein bisher größtes Projekt war die Kinodokumentation „John Irving und wie er die Welt sieht“. Der Film ist eine Art Portrait des Schriftstellers und zeigt sein literarisches Schaffen und Lebensweise. Es war toll, an so einem großen Projekt mitarbeiten zu dürfen. Ich habe damals mit einem Cutter zusammengearbeitet und wir haben ungefähr ein dreiviertel Jahr daran geschnitten. Nicht durchgängig, aber die Dreharbeiten erstreckten sich über einen langen Zeitraum und so kam immer wieder neues Material rein, das wir dann Stück für Stück geschnitten haben. Der Film ist 90 Min lang und wir hatten ungefähr 60 Stunden Material, das ist wirklich sehr viel. Aber ich hatte große Freude daran, mir alles anzuschauen! Die Interviews mit John Irving waren so interessant und spannend, er ist wirklich eine beeindruckende Persönlichkeit. Außerdem hatten wir einen super Kameramann, der unglaublich schöne Bilder aufgenommen hat, so dass das Schneiden sehr viel Spaß gemacht hat. Als ich dann bei der Premiere im Kino saß und meinen Namen auf der großen Leinwand sah, war das schon echt toll. Leider stehe ich nur als „Schnittassistentin“ im Abspann, da nur mein Kollege offiziell für den Schnitt gebucht war. Das ärgert mich sehr, da wir den Film gemeinsam zu gleichen Anteilen geschnitten haben. Aber ich hätte niemals gedacht, dass ich jemals einen Kinofilm schneiden würde und dann auch noch eine Doku über einen der meistgelesenen Autoren der Welt!

Wie sieht die Zusammenarbeit mit den Regisseuren und Produzenten aus?

Das ist sehr unterschiedlich. Ich habe das Glück, dass mir die Regisseure und Produzenten, mit denen ich arbeite, viel kreativen Freiraum lassen. Meistens bekomme ich das Material und wir besprechen, wie der Film aufgebaut werden könnte. Doch sie überlassen mir die Entscheidung, wie ich schneiden will. Wir treffen uns dann nach einer gewissen Zeit und besprechen meinen bisherigen Schnitt und schauen, wie ich weiter arbeiten kann. Es gibt aber auch Regisseure, die den ganzen Tag neben dem Cutter sitzen und schon eine genaue Vorstellung haben, wie der Film auszusehen hat. Da macht das Schneiden dann nicht so viel Spaß, weil man selber nicht mehr viel entscheiden kann.

Wirst du für Filmprojekte gebucht oder wie kommst du an die Jobs heran?

Ich bekomme meistens Anfragen von Regisseuren oder Produzenten, mit denen ich schon öfter zusammen gearbeitet habe. Wenn es zeitlich passt, freue ich mich über die neuen Projekte. Oft wird man auch weiter empfohlen und irgendwann hat man dann so eine Art Netzwerk, wo man sich austauscht und sich die Jobs zuschiebt.

Welche Voraussetzungen muss man für den Beruf als Cutterin mitbringen?

Als Cutter muss man auf jeden Fall belastbar sein und unter großem zeitlichen Druck arbeiten können. Man braucht Rhythmusgefühl und ein gewisses musikalisches Verständnis. Visuelles und auditives Gedächtnis sind auch sehr wichtig, da man immer viel Material bekommt, das man gut strukturieren muss, damit man genau weiß, an welcher Stelle was passiert und gesagt wird, so dass man das später in den Film einbauen kann. Ich glaube auch, dass man ein gewisses Talent braucht, um bestimmte Zusammenhänge erkennen zu können und zu spüren, ob ein Film fliest und funktioniert und an welchen Stellen es noch hakt. Technisches Verständnis ist auch wichtig, man arbeitet den ganzen Tag am Computer und Nachtschichten sind als Cutter leider keine Seltenheit.

Wie lange sitzt du im Durchschnitt an einer Produktion?

Das hängt ganz von dem Projekt ab. Für Spielfilme hat man meistens ca. 23 Schnitttage, bei Dokumentarfilmen kann das manchmal mehr sein. Ich habe aber auch schon Reportagen geschnitten, die innerhalb von einer Woche fertig sein mussten. Für Musikvideos oder ähnliche Formate hat man oft nur ein paar Tage Zeit.

Was sind die Herausforderungen, mit denen man im Schnittraum zu kämpfen hat?

Ich glaube eine große Herausforderung ist es, auf Knopfdruck kreativ sein zu müssen und innerhalb kürzester Zeit eine gute Leistung abzuliefern. Dieser Druck ist sehr groß und belastet stark. Man lernt seine eigenen Grenzen kennen und muss oft darüber hinausgehen, sonst sind die Kunden unzufrieden und man wird nicht mehr gebucht.

Das Mediennetz Hamburg bedankt sich für dieses Interview!

CARLOTTA GALLO