Was macht eigentlich ein... App Entwickler?
Paul Bekedorf erzählt, wie er sich mit einer Idee, die ihm während des Studiums der angewandten Kulturwissenschaften kam, selbstständig gemacht hat.

Paul hat gemeinsam mit Hannes Wirtz und Christoph Tank eine Audio-Community entwickelt, bei der Nutzer an jedem beliebigem Ort Audio-Aufnahmen, wie z.B. interessante Reisereportagen, Insidertipps für die nächste Städtereise oder auch Ausschnitte aktueller Hörbücher an dem Ort der Handlung hören und versenden können. Das Mediennetz Hamburg hat mit Paul über die innovative AudioguideMe App und seine Arbeit gesprochen. Er ist vor allem für die Kommunikation und Strategieplanung zuständig, wohingegen sein Kollege Christoph sich um das Projektmanagement und das Design kümmert. Der dritte im Bunde, Hannes, ist vorwiegend für den technischen Teil zuständig. Die Plattform kooperiert mit vielen touristischen Organisationen, Radiosendern, Verlagen sowie kreativen Podcastern und Lokalbloggern.

Mediennetz Hamburg: Wie seid ihr auf die Idee für die AudioguideMe App gekommen?

Paul Bekedorf: Christoph und ich haben angewandte Kulturwissenschaften in Lüneburg studiert und wir wissen eigentlich gar nicht mehr so genau wie es kam, aber im Prinzip lag es wohl daran, dass wir uns mal mit Ausstellungskonzepten für Museen und Städte beschäftigt haben. Es ist ja auch immer ein Anliegen der Städte, etwas über sich zu erzählen. Uns ist bewusst geworden, wie viel gut gemachte, schön produzierte touristische Inhalte eigentlich vorhanden sind und wie suboptimal die Distribution abläuft. Da hatten wir die Idee, eine Plattform ins Leben zu rufen, die auf einer App für Smartphones basiert, weil wir dachten, es müsste einfach sein, Kartenmaterial da hereinzubauen, GPS ist eh im Handy und wenn man dann eine Plattform baut, wo man städteübergreifend die Inhalte anbietet, müsste das für den Nutzer eine schöne Sache sein. Wir haben darüber nachgedacht, was eigentlich passieren würde, wenn Anwohner anfangen, ihre Viertel zu portraitieren. Letztendlich ist es aber ein Experiment gewesen.

Mediennetz Hamburg: Wie kam es von der Idee zur tatsächlichen Entstehung der Plattform?

Paul Bekedorf: Technisch gesehen hatten wir keine Ahnung davon, wie man sowas macht. Wir dachten nur, dass es im Prinzip funktionieren müsste, weil die benötigten Komponenten ja vorhanden sind. Wir haben dann nach unserem Studium überlegt, ob wir es tatsächlich riskieren, uns selbstständig zu machen und eine Firma zu gründen. Dann haben wir Hannes, einem Schulfreund, von der Idee erzählt und er hat die technische Komponente mit rein gebracht, sodass die Umsetzung unseres Projekts möglich wurde.

Mediennetz Hamburg: Wie sieht eure tägliche Arbeit aus? Kannst du eine typische Woche bei euch beschreiben?

Paul Bekedorf: Die anderen beiden kommen meistens zu spät und ich bin die erste halbe Stunde alleine (lacht). Nein, da wir ein kleines Team sind, gibt es immer wieder Dinge, die gemeinsam überlegt werden, also strategisches Vorgehen, in welche Richtung wollen wir usw. Ein Verlag findet uns z.B. vielleicht interessant, weiß aber gar nicht, wie er mit uns zusammen arbeiten könnte. Ein Großteil unserer Arbeit besteht also darin, solchen potenziellen Partnern Vorschläge zu machen. Zum Beispiel Hörbücher an den Orten der Handlung zu erzählen, ist auch ein Szenario, was wir uns selber ausgedacht haben. Ein großer anderer Teil unserer Arbeit liegt natürlich auch darin, Dinge zu verkaufen. Die App ist kostenlos und die Teilnahme an der App ist kostenlos, deswegen fragt man sich vielleicht, wie wir eigentlich Geld verdienen. Da kommt zum Beispiel die Webanwendung ins Spiel; die kennt kaum einer und daher müssen wir sie natürlich bewerben. Ein Kernaspekt unserer Tätigkeit ist aber auch, dass wir ganz viel ausprobieren und gucken, ob es Sinn macht. Also eine typische Woche beinhaltet im Idealfall ein paar Verkaufsgespräche und ansonsten hängt es sehr davon ab, was gerade so ansteht. Wenn wir beispielsweise ein Update der App entwickeln, dann sitzt Christoph mit Sicherheit mindestens eine Woche da und testet das Update auf Fehler. Aber unsere Arbeit ist sehr unterschiedlich und es gibt eigentlich keine Standardwoche.

Mediennetz Hamburg: Ist es gerade die Abwechslung, die dich an der Arbeit reizt?

Paul Bekedorf: Ja, mit Sicherheit. Die enorme kreative Freiheit, die wir haben, geht aber leider auch mit einer ziemlichen Unsicherheit einher, weil es kein festes Gehalt gibt. Dafür bestimmen wir letztendlich selbst, in welche Richtung sich das Unternehmen entwickelt. Ich glaube in den wenigsten anderen Berufen gibt es die Möglichkeit, seine eigenen Vorstellungen so direkt in die Realität umzusetzen. Und darauf, das auszuprobieren, hatten wir alle total Lust. Außerdem haben wir durch die Plattform total große Anschlussmöglichkeit an verschiedene Bereiche: wir können mit Hörbuch Verlegern genauso reden wie mit Online-Journalismus-Plattformen, haben aber beispielsweise auch mit touristischen Einrichtungen zu tun.

Mediennetz Hamburg: Wie viel Zukunft siehst du in den Berufen der App-Entwicklung?

Paul Bekedorf: Ich glaube von der Programmiererseite aus steckt viel Potenzial in der App Entwicklung. Also wenn man sich dafür interessiert, ist man wirklich gefragt und hat gute Aussichten. Man muss aber unterscheiden, ob du was selber machst, also ob du eher der Ideenentwickler bist, oder ob du wirklich entwickeln und programmieren kannst. Und gerade als Entwickler hat man, denke ich, was beispielsweise die Arbeitssicherheit angeht, extrem gute Karten. Programmierung und digitale Dienstleistungen und Produkte richten sich auf jeden Fall an den Zukunftsmarkt. Wenn man sich selbstständig macht, so wie wir, kommt es ganz darauf an, was man macht; das lässt sich dann nicht pauschal beantworten.

Mediennetz Hamburg: Was würdest du denn jemandem, der gerne in dem Bereich arbeiten würde, raten? Können Interessierte beispielsweise ein Praktikum bei euch machen?

Paul Bekedorf: Wir haben eigentlich immer durchgehend ein bis zwei Praktikanten hier. Das sind teilweise Leute die eigentlich etwas ganz anderes studieren und einfach Lust haben, sich zwei oder drei Monate anzuschauen, wie so ein Laden hier bei uns funktioniert. Das würde ich auf jeden Fall jedem empfehlen: mehr Praktika zu machen und vor allem auch in Bereiche hineinzuschnuppern und etwas auszuprobieren, was vielleicht nicht hundertprozentig zu dem passt, was man eigentlich macht. Schülerpraktika können wir leider nicht anbieten, aber von Studierenden in der Frühphase des Studiums oder auch vorher zur Orientierung, gerade im Bereich Kommunikation, nehmen wir sehr gerne Bewerbungen an.

Das Mediennetz Hamburg bedankt sich herzlich für das Interview!

Weitere Informationen über die Plattform gibt es unter www.audioguide.me.

(TAMIRA MÜHLHAUSEN)

Paul und seine Kollegen von AudioguideMe | © Tamira Mühlhausen