Im letzten Jahr haben sich die beiden ComputerSpielSchulen-Standorte in Hamburg und Potsdam zusammengetan und die ComputerSpielSchule Online (CSSO) umgesetzt. Dabei handelt es sich um ein offenes sowie kostenfreies medienpädagogisches Angebot für Jugendliche der Initiative Creative Gaming e. V., bei dem sich die Teilnehmenden auf kreative und produktive Weise mit digitalen Spielen auseinandersetzen. Das Projekt wurde mit dem Dieter Baacke Preis 2020 in der Kategorie A „Projekte von und mit Kindern“ ausgezeichnet. Mit dem Preis werden Modelle herausragender Medienpädagogik durch die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gewürdigt.
Der erste CSSO-Termin dieses Jahres fand am 20. Februar 2021 statt und leitete die nächste Runde des Projekts ein. Bis Jahresende öffnet die CSSO einmal monatlich ihre virtuellen Türen und lädt zum Mitmachen ein.
Am 20. März findet der nächste Termin der CSSO zum Thema „Abenteuerspiele in Pixelgrafik mit Bitsy“ statt. Die Anmeldung ist noch bis zum Sonntag, den 14. März, möglich. Hier geht es zur Anmeldung: http://www.computerspielschule-online.de/
Das Mediennetz hatte die Möglichkeit die Projektleitung der CSSO, Christiane Schwinge, zu interviewen und hat sie dabei unter anderem danach gefragt, was der Initiative Creative Gaming e. V. bei der Entwicklung des Projekts wichtig war, wie ein CSSO-Schultag abläuft und welche Erfahrungen das Team mit diesem Online-Angebot bisher gesammelt hat.
Mediennetz Hamburg: Nachdem es bereits zwei ComputerSpielSchule-Standorte in Hamburg und Potsdam seit einiger Zeit in physischer Form gab, hat die Initiative Creative Gaming e. V. im vergangenen Jahr zusätzlich die CSSO realisiert. Wie habt ihr diese entwickelt und was war euch dabei wichtig?
Christiane Schwinge: Die CSSO ist als Antwort auf den ersten Shutdown im letzten Jahr entstanden. Nachdem unsere Workshops und Angebote ab Mitte März gänzlich abgesagt werden mussten, war schnell klar, dass es neue Ideen für Onlineangebote braucht, da wir unsere Konzepte nicht einfach eins zu eins ins Digitale übertragen wollten. Um den pädagogischen Prinzipien unserer Arbeit gerecht zu werden, haben wir nach neuen methodischen Zugängen sowie nach Tools gesucht. Es folgten Wochen intensiver Auseinandersetzung mit den technischen Voraussetzungen sowie die Entwicklung neuer medienpädagogischer Ansätze. Dass wir schließlich die ComputerSpielSchule Online ins Leben gerufen haben, war dem Umstand geschuldet, dass wir den Jugendlichen neben der Medienkompetenzförderung im Bereich Games auch einen virtuellen Ort bieten wollten, an dem sie sich zu festen Zeiten, nämlich einmal wöchentlich, treffen, austauschen und sich mit Games beschäftigen können.
Mediennetz Hamburg: Am 20. Februar fand der erste CSSO-Termin dieses Jahres statt. Wie war es? Was habt ihr gemacht? Und wie können wir uns einen typischen „Schultag“ der CSSO vorstellen?
Christiane Schwinge: Beim ersten Schultag in diesem Jahr stand das Gestalten eigener „Point ‚n‘ Click Adventures“ im Fokus. So haben wir gemeinsam mit den Teilnehmenden anhand eines Let’s Plays des Point ‚n‘ Click Adventures „Deponia“ geschaut, was dieses Genre auszeichnet. Danach haben die Teilnehmenden die Software „Flickgame“ kennengelernt, mit der es sehr niedrigschwellig möglich ist, eigene Point ‚n‘ Click Adventures zu entwickeln. Dabei liegt der Fokus der Software nicht auf der Programmierung, sondern auf der visuellen Gestaltung. Der Clou: In nur 16 Bildern wird ein verzweigtes, also non-lineares Abenteuer produziert. Nach einer kleinen Einstiegsübung erfolgte die Entwicklung und schließlich die Umsetzung der Spielidee. Am Ende des dreistündigen Workshops haben alle Teilnehmenden ihre Games präsentiert und gespielt.
Ein typischer Schultag, der einmal im Monat am Samstag angeboten wird, sieht so aus, dass wir uns online treffen. Ausgangspunkt ist dabei der Discord-Server der CSSO. Nach einem Warm-Up und einer Kennenlernrunde erfolgt der praktische Teil. Hier zeigen wir den Teilnehmenden z. B. Software, mit der sie selbst Games gestalten können, wie am ersten Schultag dieses Jahres. An anderen Schultagen sind wir gemeinsam in Spielewelten unterwegs und drehen dort zum Beispiel Filme. Generell nutzen wir Programme, die kostenfrei verfügbar sind, damit die Teilnehmenden im Anschluss zu Hause weitermachen können.
Mediennetz Hamburg: Welche Jugendlichen machen bei der CSSO mit und wie erreicht ihr diese? (Sind es dieselben, wie in den bisherigen Standorten oder hat sich durch das Online-Format etwas verändert?)
Christiane Schwinge: Zur CSSO kommen Jugendliche, die bereits die Angebote der ComputerSpielSchule Potsdam wahrgenommen haben. Außerdem kommen sie über andere Creative Gaming Projekte in die CSSO oder sie finden den Weg über unsere Netzwerke zu uns, wenn nämlich Kooperationspartner*innen in ganz Deutschland auf uns aufmerksam machen. Und schließlich spielt auch die Mund zu Mund Propaganda eine Rolle, also wenn Teilnehmende Freund*innen mitbringen.
Mediennetz Hamburg: Onlineformate unterscheiden sich natürlich von Angeboten vor Ort. Dennoch können bestimmte Elemente auch online aufgegriffen werden oder neue entstehen. Welche Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten konntet ihr zwischen den Tagen in den ComputerSpielSchulen in Hamburg und Potsdam und denen der CSSO erkennen?
Christiane Schwinge: Der größte Unterschied ist natürlich, dass wir die Teilnehmenden nicht physisch vor uns sitzen haben und dementsprechend auch nicht ohne Weiteres einschätzen können, wie es ihnen gerade geht und was sie derzeit beschäftigt. Elemente wie Warm-Up- und Kennenlernrunde haben deswegen eine noch wichtigere Bedeutung, um alle gleichermaßen in die Workshops reinzuholen. Auch die Unterstützung der Jugendlichen untereinander ist nicht immer unmittelbar möglich, da viele Arbeitsprozesse nicht so sichtbar sind wie sonst. Deswegen ist z. B. die Abschlusspräsentation bei Projekten, wo alle am eigenen Rechner Spielideen umsetzen, umso bedeutender, damit alle einen Eindruck bekommen, was die anderen erschaffen haben. Die Freude an der kreativen Beschäftigung mit Games ist genauso spürbar, wie in Präsenz. Ebenso ist der Austausch der Jugendlichen untereinander essenziell, allerdings bisweilen schwieriger, weil dieser initiiert werden muss.
Mediennetz Hamburg: Was waren die größten Herausforderungen, denen ihr bei der Planung und Umsetzung der CSSO begegnet seid?
Christiane Schwinge: Vor allem Fragen rund um das Anmeldemanagement und die Niedrigschwelligkeit der genutzten Tools waren sehr herausfordernd. So hatten wir im letzten Jahr mit Mozilla Hubs eine Software gefunden, die kostenfrei und ohne Anmeldung im Browser genutzt werden kann. In der Praxis stellte sich das Tool dann aber als zu ressourcenintensiv heraus und gleichzeitig wurde deutlich, dass Teilnehmenden oftmals keine gute Internetverbindung zur Verfügung steht. Obwohl Mozilla Hubs für pädagogische Kontexte einige Vorteile birgt und wir dort zudem mit den Jugendlichen gemeinsam die 3D-Umgebung gestaltet konnten, mussten wir die Software zugunsten noch zugänglicherer Tools austauschen.
Mediennetz Hamburg: Was hat euch überrascht oder gefreut, das besonders gut gelaufen ist bei der CSSO?
Christiane Schwinge: Vor allem die Begeisterung, mit der die Jugendlichen selbst kreativ werden. Außerdem waren sie enorm geduldig, z. B. bei technischen Problemen.
Und dann hat uns natürlich noch besonders die Auszeichnung der CSSO mit dem Dieter Baacke Preis gefreut.
Mediennetz Hamburg: Wie schafft ihr es ein Gefühl von Gemeinschaft innerhalb der CSSO herzustellen und einen virtuellen Raum entstehen zu lassen, in welchem sich Jugendliche gerne aufhalten?
Christiane Schwinge: Wir versuchen hier, wie ansonsten in Präsenz-Workshops auch, vor allem einen Rahmen zur Verfügung zu stellen, in dem die Teilnehmenden sich selbst ausprobieren können. Außerdem beziehen wir die Jugendlichen immer wieder mit ein, z. B. wenn es um die Ausgestaltung einzelner Schultage geht. Zwar stehen die Oberthemen im Vorfeld fest, aber wie dann genau der Fokus gesetzt wird, machen wir auch von den Rückmeldungen und Themenvorschlägen der Teilnehmenden abhängig. Last but not least sind alle Jugendlichen, die bislang an einem Schultag teilgenommen haben, eingeladen, sich auf unserem Discord-Server auszutauschen und dort in Kontakt zu bleiben.
Mediennetz Hamburg: Wird es die ComputerSpielSchule Online weiterhin geben, auch wenn Präsenzveranstaltungen wieder möglich sind?
Christiane Schwinge: Ja, auf jeden Fall. Wir möchten in diesem Jahr noch stärker den Fokus auf den Aufbau einer Community setzen und das Schöne an der CSSO ist ja, dass daran Jugendliche aus ganz Deutschland teilnehmen können. Das möchten wir beibehalten bzw. ausbauen und können uns sehr gut vorstellen, die CSSO, wie auch schon in diesem Jahr, einmal im Monat am Wochenende zu öffnen. Gleichzeitig freuen wir uns natürlich auch schon darauf wieder vor Ort Angebote machen zu können.
Vielen Dank für das Interview!
Mehr zur ComputerSpielSchule Online: http://www.computerspielschule-online.de/