21. Dokumentarfilmwoche eröffnet Diskussionsräume
Vom 23. bis 28. April findet die Dokumentarfilmwoche in verschiedenen Hamburger Kinos statt

Das Programm der 21. dokumentarfilmwoche hamburg steht fest: Vom 23. bis 28. April 2024 finden an sechs Orten in Hamburg rund 32 Veranstaltungen statt, die dazu beitragen können, in einer konfliktvollen, polarisierenden Realität neue Erkenntnisse zu gewinnen. Dem Austausch als Herzstück des Festivals kommt in diesem Jahr eine besondere Bedeutung zu, indem unterschiedliche Perspektiven zu einem Dialog miteinander eingeladen werden. Hierzu werden Filmemacher*innen und Gäste aus aller Welt erwartet.

Das Programm umfasst wieder ein ausgewähltes internationales Filmspektrum sowie Arbeiten von Hamburger Filmschaffenden in der Sektion „dokland hamburg”. In einer erstmaligen Zusammenarbeit mit Deutschlandfunk Kultur widmet sich eine Ausstellung dem dokumentarischen Hören. Ein Radiofeature im B-Movie und ein Hörfilm von Klaus Wildenhahn mit Lesung schließen daran an. Die filmische Auseinandersetzung mit Archivmaterial ist ein Thema der diesjährigen Ausgabe: Es gibt eine Positionsveranstaltung zum Spanischen Bürgerkrieg und drei ausgewählte Zeitzeug:innenporträts von Karin Berger, die an die im letzten Jahr begonnene Reihe zu Sinti:zze und Rom:nja im Film anknüpft. Gemeinsam mit der Woche des Gedenkens wird die Premiere der restaurierten Fassung eines Porträts der in Hamburg geborenen Aktivistin Fasia Jansen gezeigt. Der Blick der Filmemacher:innen auf die Gegenwart und weiter in die Zukunft beschäftigt die dokumentarfilmwoche ebenso: Vom Videospiel DayZ auf die gynäkologische Station eines Pariser Krankenhauses bis ins mexikanische Dorf El Alberto. Fortgesetzt wird auch das 2021 begonnene Diskussionsformat zu Dekolonisierung und in Kooperation mit dem Harun Farocki Institut werden zwei Filme in einen Dialog gebracht.

An sechs Festivaltagen wird das Filmprogramm jeweils nur in einem der Festivalkinos gezeigt, damit die Besucher*innen die Möglichkeit haben, das ganze Programm mitzuerleben. Diskussionsrunden, Werkstattgespräche und die Ausstellung mit Begleitprogramm zum dokumentarischen Hören können im Festivalzentrum in der fux eG in Altona erlebt werden.

ERÖFFNUNGSFILM „WANKOSTÄTTN“

Der Eröffnungsfilm des Festivals „Wankostättn der österreichischen Filmemacherin Karin Berger

begleitet Karl Stojka bei seinen Erinnerungen an die von Romnja und Sintizze bewohnte Lagerwiese „Wankostättn“ in Wien. Hier wuchs er auf, bis die Nationalsozialisten ihn und alle anderen Bewohner*innen deportierten. Ein lebendiger Zeitzeugenbericht, aufgenommen auf 16mm Film, der dem Verdrängen der Verfolgung der Minderheit entschlossen entgegentritt.

(Metropolis, 23.04. um 20:00 Uhr, zu Gast ist Filmemacherin Karin Berger)

KARIN BERGER – FORTSETZUNG SINTI:ZZE UND ROM:NJA IM FILM

Das Festival widmet Karin Berger eine ausgewählte Werkschau. Sie hat sich in ihrem Schaffen vielfältig in die weitgehend verschwiegene Verfolgung der Sinti:zze und Rom:nja während der Zeit des Nationalsozialismus eingearbeitet. Gezeigt werden „Küchengespräche mit Rebellinnen“, Erinnerungen von Frauen, die aktiv im Widerstand gegen die Nazis kämpften (B-Movie, 24.4. um 18.30 Uhr) und „Ceija Stojka“, ein eindrücklicher Appell der Malerin und Autorin, die drei Konzentrationslager überlebte (Lichtmeß, 25.4. um 17.00 Uhr). Ein Werkstattgespräch mit Karin Berger findet am 26.4. um 11.00 Uhr im Festivalzentrum statt, sie wird auch bei den Filmvorführungen für anschließende Gespräche vor Ort sein.

AUSSTELLUNG UND PROGRAMM „DOKUMENTARISCHES HÖREN“

Eine Ausstellung mit Begleitprogramm widmet sich in diesem Jahr dem dokumentarischen Hören. In Zusammenarbeit mit Deutschlandfunk Kultur sind ausgewählte Radiofeatures aus deren Archiv „Wirklichkeit im Radio“ im Festivalzentrum, der fux eG, zu hören. Eine Einführung mit Gästen findet am 24.4. um 11.00 Uhr statt.

Der Hörfilm „Dort, wo die Kamine qualmen, da musst du später hin“ von Klaus Wildenhahn wird zusätzlich in den fux-Lichtspielen präsentiert. Ergänzt wird der Film durch eine anschließende Lesung mit Gerd Haag und Michael Girke.

INTERNATIONALE FILMSCHAFFENDE IM GESPRÄCH

Aus aktuellen deutschen und internationalen Produktionen hat das Festivalteam eine Bandbreite an formal unterschiedlichen Filmen kuratiert. Darunter der Gewinner des Dokumentarfilmpreises der Berlinale „No Other Land“, ein Film eines palästinensisch-israelischen Kollektivs über eine Region im Westjordanland, wo Dörfer zerstört werden, weil sie einem Truppenübungsplatz weichen sollen, wogegen sich die Bewohner*innen wehren. (Metropolis, 27.4. um 16.15 Uhr, Gäste Online oder in Präsenz)

Der kraftvolle Film „Notre Corps” von Claire Simon blickt behutsam in die gynäkologische Station eines Pariser Krankenhauses, in dem Schwangerschaftsabbruch, Geschlechtsumwandlung, künstliche Befruchtung sowie Geburten und unheilbare Krankheiten zeigen, was es heißt, in und mit einem weiblichen Körper zu leben. (Metropolis, 27.4. um 19.00 Uhr, zu Gast ist Claire Simon).

In der virtuellen Welt eines Survival Games treffen sich Spieler*innen, um in eine postapokalyptische Szenerie einzutauchen. Dazu gehören auch die drei Filmemacher von „Knit’s Island”. Der Film dokumentiert fiktionsbasierte Identitäten und Wünsche und sucht entgegen des tödlichen Spielprinzips nach Gemeinschaften, die sich an virtuellen Lagerfeuern versammeln und die Ränder des Internets erkunden wollen. (Metropolis, 27.4. um 22.45 Uhr, voraufgezeichnetes Gespräch)

Im Abschlussfilm „Coconut Head Generation“ werfen Studierende an der ältesten Universität Nigerias den Stromgenerator an und laden zum Filmklub ein. Hier adressieren sie die Schranken in den eigenen Köpfen und die des Systems, in dem sie aufwachsen. (Metropolis, 28.4. um 21.30 Uhr, Online zu Gast ist Alain Kassanda)

In dem analogen Science-Fiction-Essay „Notes from the Eremoncene“ findet sich die Menschheit in existenzieller Isolation wieder. In einer spielerischen Mischung aus Film und digitalen Bildern hinterfragt Viera Čákanyová auf intime Weise unseren optimistischen Umgang mit Technologie und denkt über deren Rolle inmitten globaler Krisen nach. Eine audiovisuelle Postkarte an eine ungewisse Zukunft. (Lichtmess, 25.4. um 21.30 Uhr, zu Gast ist Viera Čákanyová).

DOKLAND HAMBURG

Freund*innen der Hamburger Dokumentarfilmszene können sich in diesem Jahr auf eine starke Auswahl an Produktionen freuen. Unter anderem „HAUBI“ über das Leben einer drogenabhängigen Person am Hamburger Hauptbahnhof, „Daidai“ über Einsamkeit in einem Altersheim, „getty abortions“ über die Darstellung von Abtreibung in den Medien oder „Tot oder lebendig“ über ein slowakisches Medium, das vielleicht doch keins ist. Zu allen Filmgesprächen sind die Macher*innen vor Ort.

Am Freitag und Samstag wird der SLOT in der fux eG wieder zum Aprés-Dok-Club und auch an allen anderen Tagen gibt es nach den Kinoabenden ausreichend Zeit über ein Getränk miteinander ins Gespräch zu kommen. Mehr dazu im Programmheft.

ZUSAMMENFASSUNG

Die 21. dokumentarfilmwoche hamburg setzt sich auch in diesem Jahr intensiv mit aktuellen Produktionen wie auch Arbeiten aus dem Archiv auseinander: in einem ausgesuchten Film- und Veranstaltungsprogramm, das die Bandbreite der Kunstform Dokumentarfilm abbildet. Rund 32 kuratierte Veranstaltungen – Filme, Gespräche, Diskussionsrunden und Präsentationen sollen den Dialog und den Austausch anregen. Erwartet werden hierzu zahlreiche Filmemacher*innen aus dem In- und Ausland.

FESTIVALPROFIL

Die dokumentarfilmwoche hamburg ist seit 21 Jahren fester Bestandteil der Hamburger Filmfestivalszene. Sie ist als lokaler Treffpunkt für Dokumentarfilminteressierte ebenso einzigartig wie als Plattform für die ansässige Filmkultur und den Austausch mit internationalen Gästen. Gezeigt wird eine große Bandbreite an Produktionen, die von experimentellen, ohne Senderbeteiligung und Fördermittel erstellten Dokumentarfilmen, bis hin zu herausragenden internationalen Koproduktionen reicht. Die dokumentarfilmwoche hamburg versteht sich als Forum für Filme, die mit ihrem kritischen Ansatz nicht lediglich nach inhaltlicher Aufklärung streben, sondern künstlerische Formen finden, die eingeschriebene Codes hinterfragen und den Möglichkeitsraum des Dokumentarischen ästhetisch und politisch ausloten. Dabei soll im Rahmen des Festivals der Austausch über den Dokumentarfilm als Kunstform in all seinen Facetten vorangetrieben werden. Wichtiger Teil des Festivalprofils ist außerdem die Anbindung zu Hamburgs Dokumentarfilmszene. Deren Arbeiten werden unter dem Label „dokland hamburg“ präsentiert. Das Festival wird kollektiv unter dem Dach des Vereins dokumentarfilmwoche hamburg e.V. organisiert.

Die Website mit dem vollständigen Programm geht Ende März online: www.dokfilmwoche.com

EINTRITTSPREISE

Je nach Länge zwischen 5-12 Euro / 3-10 Euro (ermäßigt)

Festivalpass: 40 / 30 Euro (ermäßigt), nur im Kino erhältlich. (Angemeldete Gruppen 25 Euro pro Person)

Online sind Tickets nur für das Metropolis, das B-Movie und das 3001 über deren Website erhältlich.