abgedreht! 2021: Festivalleiterin Carina Steffen-Schwering über ein besonderes Festival

Am 18. und 19. Mai 2021 findet das 31. Nachwuchsfilmfestival abgedreht! in Hamburg statt. Zu sehen sind die Filme des Festivaljahres 2020. Die Bedingungen zum Filmezeigen und -sehen sind derzeit anders als gewohnt. abgedreht hat die Chance ergriffen und neue Formate für den Festivalbetrieb entwickelt. Festivalleiterin Carina Steffen-Schwering über ein besonderes abgedreht! 2021.

Mediennetz Hamburg: Kinosäle und Schulen sind noch immer geschlossen, doch das abgedreht soll stattfinden, nachdem es im vergangenen Jahr ausgefallen war. Wie findet das Festival in diesem Jahr statt?

Carina Steffen-Schwering: Anders als in den üblichen Festivaljahren findet abgedreht! in diesem Jahr nicht mit großem Publikum im Kino und auf der Bühne statt. Für eine Präsentation mussten wir neue, pandemiegerechte Formen finden. Anstatt einer reinen Online-Veranstaltung beizuwohnen, können die Besucher*innen bei abgedreht! sicher an der frischen Luft Filmkultur erleben. Während sie individuelle Filmspaziergänge durch die Innenstadt, Bergedorf und Altona unternehmen, sehen sie die präsentierten Werke des Hamburger Filmnachwuchses in Schaufenstern. Eine begleitende Broschüre gibt Infos zu den einzelnen Filmstationen. Die kann im Infoladen des Jugendinformationszentrums und im Stadtteilbüro Bergedorf kostenlos abgeholt werden.

Da auch die jüngeren Filmemacher*innen, die Schulklassen, nicht zu abgedreht! kommen können, kommt abgedreht! mit Filmprogramm und Workshops zu ihnen. Wir besuchen acht Klassen aus sechs Hamburger Schulen, je nach Möglichkeit vor Ort oder aber virtuell. Die Preisverleihung wird in diesem Jahr als Livestream stattfinden. Die Preisträger*innen werden dafür dann online zugeschaltet. Unser Streamingstudio bauen wir in den Zeise Kinos auf. Von dort aus wird das Schulprogramm und die Preisverleihung gestreamt.

Warum ist es wichtig, dass das abgedreht! in diesem Jahr trotz allem stattfindet?

Unser Motto ist ja "Hamburgs junger Film". Uns, als regionales Festival des Hamburger Filmnachwuchses, war es besonders wichtig, endlich die Filme zu zeigen, die wir eigentlich für den Festivaldurchgang im letzten Jahr ausgewählt hatten. Das Festival musste ja Ende März 2020 leider ausfallen. Wir haben uns gegen neue Einreichungen entschieden, da wir dem bereits ausgewählten Filmnachwuchs nicht die Chance nehmen wollten, ihre Filme bei abgedreht! zu präsentieren. Auch wenn dies nun in ganz unerwarteter Form geschieht. Filmemacher*innen und ihre Filme brauchen ein Publikum und das wollen wir ihnen mit dieser besonderen Art des Festivals geben. 

Das Festival wird vom jaf, vom Jugendinformationszentrum (JIZ) und vom Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) veranstaltet. Der Schwerpunkt beim jaf als Verein für medienpädagogische Praxis liegt in der kulturellen und medialen Bildung. Einige Bildungsangebote waren innerhalb des letzten Jahres ja doch hin und wieder möglich. Viele Projekte mussten aber auch ersatzlos gestrichen werden. Das ist natürlich besonders hart für die vielen Kinden und Jugendlichen, die normalerweise an unseren Angeboten teilnehmen. Sie waren durch Schulschließungen und Kontaktsperren ja sowieso schon viel zu Hause, konnten Familie und Freunde nicht sehen und Hobbys nicht ausüben. Zusätzlich blieb die kulturelle und mediale Bildung auf der Strecke. Ebenfalls war der Wegfall der Projekte natürlich schlimm für alle Vereinsmitglieder bei uns, da dies für uns als freiberufliche Medienpädagog*innen auch der Wegfall von Honoraren hieß. Da wurde es für uns als Verein und für unser Ziel, weiterhin kulturelle und mediale Bildung anzubieten, an der Zeit, Alternativen zu entwickeln, was uns mit dem diesjährigen abgedreht hoffentlich gelungen ist.

Bei Festivals geht es auch um das Zusammenkommen von Menschen und das gemeinsame Erleben. Wie können das Gefühl und der Charakter eines Festivals online geschaffen werden?

Wir haben ja nicht nur Online-Bausteine. Mit den Filmspaziergängen wollten wir gerade eine neue und besondere Art des Filmerlebnisses schaffen, bei dem auch nicht nur Filminteressierte gezielt die Filme anschauen, sondern bei dem auch Hamburger und Hamburgerinnen, die sich aus anderen Gründen in der Innenstadt in Bergedorf oder Altona bewegen, vielleicht auch stehenbleiben und zufällig zu Zuschauer*innen werden.

Bei unserem Schulprogramm sind mehre Klassen online miteinander vernetzt, schauen gemeinsam ein Filmprogramm, das auch die eigenen Filme zeigt und werden dazu von unserer Moderatorin zu ihren Filmproduktionen interviewt. Somit erleben sie das Programm gemeinsam, auch wenn die Schüler*innen sich zu Hause oder in unterschiedlichen Schulen befinden. Viele der teilnehmenden Schulen werden mit Hilfe des vom Projektfonds Kultur und Schule geförderten Projekts der abgedreht FilmSchool zusätzlich zum Filmprogramm noch an einem Kurzworkshop teilnehmen.

Bei der Preisverleihung wünschen wir uns, dass die Preisträger*innen sich online zuschalten, damit die Zuschauer*innen auch die Filmemacher*innen hinter den Filmen kennenlernen können.

Vieles verlief bei der Planung dieses Mal vermutlich anders als gewohnt. Was waren die größten Herausforderungen, denen ihr bei der Planung begegnet seid?

Zu Anfang war nicht abzusehen, wie die Lage dieses Jahr im Mai sein wird. Da die richtige Balance zu finden war schwierig. Wir wollten nicht wieder viel Zeit und Mühe in Planungen setzen, die dann doch wieder hinfällig gewesen wären. Wir haben uns zum Glück frühzeitig dazu entschlossen, das Festival so zu planen, dass es auch in Zeiten mit höherer Infektionslage stattfinden kann. Es zeigt sich, dass es so richtig war. Dennoch war insbesondere die Planung des Schulprogramms eher kompliziert, da die Durchführungsmöglichkeiten zwischen "vor Ort" oder "auf Distanz" bis zuletzt Änderungen unterlag.

Habt ihr bei der Planung des abgewandelten Formats auch Erfahrungen gemacht oder neue Möglichkeiten entdeckt, die ihr für euch mitnehmen und vielleicht auch in Zukunft nutzen möchtet?

Von der Idee der Filmspaziergänge sind wir sehr überzeugt. Die neue Form der Präsentation an der frischen Luft inklusive Bewegung und die Belebung der Innenstädte durch kulturelle Angebote können wir uns auf jeden Fall auch für die Zukunft vorstellen. Auch die Reichweite der Preisverleihung durch einen Livestream könnte man für Festivaldurchgänge in normalen Jahren durchaus weiterverfolgen.

Weitere Infos zum Festival: https://abgedreht.hamburg/