Spatenstich zu umfassender Medienbildung für alle Hamburger*innen erwartet!
Fachtag Baustellen der Medienbildung 2020 stellt fest: Pläne und Baumaterial sind vorhanden.

Am 25. September 2020 fand “Baustellen der Medienbildung in Hamburg – ein Fachtag zu Themen, Modernisierung und Aufbau verlässlicher Strukturen in der Medienbildung” statt. Organisiert und durchgeführt wurde die Veranstaltung vom Mediennetz Hamburg e.V. mit Unterstützung durch das Jugendinformationszentrum Hamburg. Mit über 140 angemeldeten Teilnehmer*innen wurde digital und in Präsenz diskutiert und geplant, wie Medienbildung nachhaltig und altersübergreifend in Hamburg weiter verankert werden kann. „Medienbildung ist heute wichtiger denn je, wir wollen in Hamburg alles versuchen, damit die Finanzierung der wichtigen Projekte möglich ist“, so Farid Müller von den Grünen Hamburg und Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft in seinem Grußwort. 


Baupläne zusammentragen

Die Workshops mit Hamburger Akteur*innen aus Wissenschaft, Praxis, Politik und Verwaltung beschäftigten sich mit aktuellen Themen wie beispielsweise der Notwendigkeit von Medienbildung in Zeiten der Pandemie, der Verantwortung von Medienschaffenden und Mediennutzenden für einen kritischen Umgang mit digitalen Medien und der engen Verzahnung von kultureller Bildung und Medienbildung. Die zentralen Diskurse aller Workshops wurden u. a. hier dokumentiert: https://padlet.com/jaf_eV/fuht3k24hb6so6d1
 

Formuliert wurden einige zentrale Empfehlungen:

Im Zusammenspiel von Kultur- und Medienarbeit  können die vorhandenen Leitungen noch verstärkt werden. Digitalität als zentrales Element der Lebenswelt muss bei kulturellen Projekten und Maßnahmen immer mitgedacht werden! Deshalb  die Gemeinsamkeiten nutzen und Angebote noch leichter zugänglich machen.

Digitale Gesundheit bedeutet die gesundheitsbezogenen Herausforderungen der Digitalisierung ernst zu nehmen. So erhöht Digitalisierung die Anforderungen an die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung, zunehmend ist es schwer sich Freiräume von digitalen Medien zu verschaffen. Gleichzeitig muss Gesundheit auch als Ressource für Bildungserfolg gesehen werden. 

Kinderrechte gelten auch für die Nutzung von Medien. Um dies flächendeckend in der pädagogischen Arbeit umzusetzen, muss Medienbildung ein elementarer Bestandteil von Bildungsplänen der Ausbildung für Berufe in Kita, Schule etc. sein. Medienbildung ist der Schlüssel für eine chancengerechte Zukunft für alle! Dabei müssen zum einen Eltern stärker bei der medienpädagogischen Arbeit in den Blick genommen und zum anderen Kinder in die entsprechenden Prozesse mit einbezogen werden.

Die Corona Pandemie ist ein Brennglas auf Bildung in einer digitalisierten Lebenswelt in dem deutlich wird: Digitalisierung ist kein singuläres Thema! So sind Geräte nicht Digitalisierung, sondern die Grundlage für digitale Bildungsprozesse, in denen Kommunikation und persönlicher Kontakt wichtige Elemente sind. In der jetzigen Situation können die Chancen genutzt werden, doch zugleich müssen wir aufpassen, dass keine Risse in der Gesellschaft entstehen.

Medien produzieren und konsumieren hat etwas mit Verantwortung zu tun. Dabei spielt Medienbildung eine entscheidende Rolle –  sie muss barrierefrei in allen Altersgruppen und Milieus stattfinden. Hierzu ist die Einrichtung von ortsnahen Medienzentren für alle wichtig, denn Recherchekompetenz und kritisches Denken braucht professionelle Anregung. Zudem müssen Profis ihrer Verantwortung bewusst werden und es braucht Regeln für den digitalen Umgang, auch damit digitaler Hass nicht weiter eskaliert. In diesem Zusammenhang darf es nicht nur Verbote geben, sondern es muss auch ein Rahmen gesteckt werden, was für Rezipient*innen alles möglich ist. Es darf niemand allein gelassen werden.

Medienkompetenz ist auch ein Teil der Schule der Wahrnehmung. Neue Perspektiven und Wahrnehmungen schaffen Entwicklungen und Veränderungen. Aber Sehen will gelernt sein” und dafür braucht es Grundlagen und eine Stärkung der klassischen Vermittlungsorte (Kinos, Festivals, Workshops).

Kampagne: Mehr Medienbildung für alle

Mit dem Slogan “Mehr Medienbildung für Alle” startete die Arbeit an der Kampagne am Nachmittag des Fachtages. Zahlreiche Akteur*innen aus der medienpädagogischen Praxis fanden zusammen, um zentrale Botschaften und Forderungen des Vormittags auf Baustellenschildern festzuhalten. Die medienpädagogische Szene Hamburgs verbildlichte so einen Bauplan mit zahlreichen Bauvorhaben, denen noch die strukturelle Verankerung und damit auch nachhaltige Perspektive fehlt. Die daraus abgeleiteten kurz- und mittelfristigen Ziele für die Medienbildung in Hamburg fließen in die Kampagnengestaltung ein und sollen Grundlage für weitere politische Entscheidungsprozesse sein.

"Der Fachtag Medienbildung hat nochmals unterstrichen, dass Medienbildung für alle Menschen eine notwendige Bedingung für Chancengerechtigkeit und Teilhabe ist. Nun sind alle Verantwortlichen gefordert, die guten Ideen und Bauvorhaben auch umzusetzen, sodass der Zugang zu Medienbildung nicht von soziokulturellen Faktoren abhängt", sagt Colette See für das Mediennetz Hamburg e. V.

Die Slogans der Kampagne

 

Ein Medienzentrum für jeden Stadtteil
Anlaufstellen und Unterstützung in Mediennutzung und -produktion. Kurse, offene Werkstätten und Fortbildungen.

Prekariat der Medienbildung beenden

Bildung ist eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe. Medienbildung ist zentraler Bestandteil von Bildungsprozessen, darum müssen die Akteur*innen auch angemessen bezahlt werden.

Bildungsoffensive statt Technikoffensive

Technik ist nicht Bildung und kann für Prozesse genutzt werden. Besonders wichtig ist es, die Ziele von Bildung zu benennen und nicht auf Technik zu hoffen.

Demokratie braucht Medienbildung

Diskurs und Meinungsbildung sind eng mit der Nutzung von Medien verbunden. Nur ein verantwortungsvoller Umgang stärkt und stützt die Demokratie.


Mehr Medienbildung für alle

Medienbildung soll allen Hamburger*innen zugänglich sein. Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Senior*innen müssen barrierefrei Zugänge möglich sein. Die Szene der Personen und Institutionen steht in den Startlöchern!



Ausklang zum Denken!

Der Abend war mit der Journalistin, Autorin und Netzaktivistin Kübra Gümüsay und Professorin für Medien und Kommunikation Dr. Dagmar Hoffmann (Universität Siegen) hochkarätig besetzt. Vera Marie Rodewald vom Mediennetz Hamburg e.V. moderierte die Lesung und das anschließende Gespräch. Auch hier wurde einmal mehr die Bedeutung von Medienbildung für eine demokratische Gesellschaft hervorgehoben. Die Verantwortung für einen souveränen Umgang mit digitalen Medien liegt auf vielen Schultern. Bislang wird noch zu viel Zeit damit verbracht, Verantwortungen zu verschieben, anstatt gemeinsam die Zukunft der Medienbildung aktiv zu gestalten.


Weiter, damit die Baupläne Realität werden

Der Fachtag hat einmal mehr die Notwendigkeit der Medienbildung für Chancengerechtigkeit, Teilhabe und Demokratie verdeutlicht. Dennoch wird Medienbildung behördenübergreifend immer noch kein angemessener Stellenwert zuteil. Ein Großteil der Aktivitäten, die von Medienpädagog*innen hamburgweit umgesetzt werden, sind individuell gesteuert und zu großen Teilen über Drittmittel finanziert. Das geht mit zahlreichen prekären Arbeitsverhältnissen einher, die ebenfalls Teil der medienpädagogischen Arbeit darstellen.
Die Gedanken, guten Ideen und Forderungen sind im Fachtag gebündelt worden. Sie sind der Boden, der auch durch den geplanten Medienkompetenzfonds genährt werden muss.

Kurzfristiges Ziel ist es endlich einen Teil der benötigten Ressourcen zur Verfügung zu stellen, nur so können die guten Angebote weiterhin aufrechterhalten werden.
Der geplante Fonds Medienkompetenzförderung, der im Koalitionsvertrag der aktuellen Hamburger Regierung festgeschrieben ist, muss der Startschuss sein, dass die Aktiven ihre Zeit in ihr tägliches medienpädagogisches Tun investieren können, statt in die langwierige Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten bzw. das Absolvieren aufwendiger Antrags- und Abrechnungsprozesse.

Mittelfristiges Ziel muss es sein, Strukturen zu schaffen, die es erlauben allen Zielgruppen Angebote zu machen, die auch im Rahmenkonzept Medienkompetenzförderung von 2013 aufgeführt wurden. Das bedeutet auch eine behördenübergreifende Zusammenarbeit, die neben inhaltlichen Schwerpunkten auch Fragen der Finanzierung mit aufgreift.
Medienkompetenz als notwendige Kernkompetenz für alle Zielgruppen anzuerkennen und entsprechend den Erfordernissen, die ein Querschnittsthema mit sich bringt bewegen.
Damit mehr Medienbildung/Medienkompetenz grundsätzlich allen Menschen zugänglich gemacht werden kann, braucht es klare Zuständigkeiten in der Stadt. Sie sind unablässig, um neue Themen zu adressieren und Umsetzungsideen entlang bestehender Strategien zu realisieren.


Mediennetz Hamburg Alle Baupläne vorhanden.

Das Mediennetz unterstützt diesen Prozess von Anfang an. Es ist Bindeglied zwischen der medienpädagogischen Szene in Hamburg, Wissenschaft,Behörden und Politik. Es fungiert als Sprachrohr für die Aktiven, unterstützt den Wissenschaft-Praxis-Transfer und berät Politik und Entscheider*innen. Das Engagement des Mediennetz Hamburg erfolgt zu großen Teilen im Ehrenamt mit der damit verbundenen Motivation aber auch den Grenzen in der Wirkmacht des Handelns.
Im Bereich der Kinder- und Jugendkultur wurde in Hamburg in den letzten Jahren eindrucksvoll gezeigt, dass sich durch eine strukturelle Förderung –  in diesem Fall durch eine Geschäftsstelle – das Thema Kinder- und Jugendkultur hamburgweit etablieren konnte. Behördenübergreifend kann dieses Thema in Hamburg bewegt, die Umsetzung notwendiger Themen gemonitored und gesteuert sowie neue Entwicklungen adäquat aufgegriffen werden.
Medienbildung ist eine zentrale Grundlage für alle Hamburger*innen – beruflich wie privat. Die Aktivitäten des Mediennetz Hamburg zielen vor allem darauf ab, dass Entscheider*innen und Politik dies erkennen und in ihrem jeweiligen Handeln nachhaltig berücksichtigen.
Um die Themenvielfalt in der Praxis bewegen zu können und auch in Zukunft neue Entwicklungen aktiv mitzugestalten, braucht das  Mediennetz eine aktive Rolle, die gemeinsam mit zentralen behördlichen Akteuren geschärft werden und mit entsprechenden Ressourcen unterlegt werden muss.

Alles zum Fachtag hier im Netz: www.baustelle-medienbildung.de