Was macht eigentlich eine Medienpädagogin in der Bücherhalle?
Kathrin Joswig über die tägliche Arbeit einer Medienpädagogin und die damit verbundenen Herausforderungen und Potenziale in ihrem Berufsalltag

Kathrin Joswig ist seit Januar 2016 Medienpädagogin in der Zentralbibliothek der Bücherhallen Hamburg. Sie studierte Erziehungswissenschaften an der Universität Münster und Hamburg und war zuvor als freie Medienpädagogin tätig.

Mediennetz: Liebe Kathrin, du bist seit nun mehr als einem Jahr Medienpädagogin bei der Zentralbibliothek der Bücherhallen Hamburg, kannst du uns einen Einblick geben, was zu deiner täglichen Arbeit gehört?

Kathrin Joswig: Ich sitze viel mit anderen Kolleginnen und Kollegen zusammen am Besprechungstisch und wir sprechen gemeinsam über Projekte und Dinge, die aktuell zu organisieren sind. Ich habe auch viele Besprechungen mit externen Gästen und Kooperationspartnern. Dazu kommt dann natürlich noch die Nach- und Vorbereitung der Gespräche. Ab und zu arbeite ich auch mal praktisch. Zum Beispiel habe ich manchmal die Gelegenheit, an einem Workshop teilzunehmen oder Schulklassenführungen zu begleiten, die wir hier im Haus haben. Zudem betreue ich noch eine FSJ-Stelle für ein Jahr, die im Bereich der Medienpädagogik angesiedelt ist. Zusätzlich haben wir hier natürlich auch noch unsere Veranstaltungen und Workshops, die stattfinden – da bin ich auch vor Ort.

Mediennetz: Was reizt dich an deinem Job?

Kathrin Joswig: Ich mag es gerne, einen sehr abwechslungsreichen Job zu haben, der aus vielen verschiedenen Arten von Tätigkeiten besteht und das ist hier der Fall. Ich bin jetzt schon mehrere Jahre als Medienpädagogin tätig, aber auch schon immer ein großer Fan von Bibliotheken gewesen. Damit bin ich einerseits aufgewachsen, andererseits finde ich diese Kombination aus dem, was ich mache – die medienpädagogische Arbeit und die Möglichkeiten, die die Zentralbibliothek bietet – einfach ganz toll.

Mediennetz: Wieso ist es in der heutigen Zeit wichtig, neben Bibliothekarinnen und Bibliothekaren auch medienpädagogische Fachkräfte in Bibliotheken einzusetzen? Was unterscheidet die beiden Berufe und welche Gemeinsamkeiten gibt es?

Kathrin Joswig: Bibliotheken sind wie viele andere große Institutionen im Aufbruch, weil die Digitalisierung und Mediatisierung unserer Gesellschaft sehr starke Veränderungen in Bezug auf das Berufsfeld und dessen Aufgabenbereiche mit sich bringt. Ein „Oh ich möchte etwas wissen, also muss ich in die Bibliothek gehen und nach einem Buch suchen, in dem diese Informationen drinstehen“ gibt es in der Form heute nicht mehr. Informationen sind aber nach wie vor sehr bedeutend und vor allem ist es wichtig geworden, mit der Masse an Informationen auch umgehen und eine Auswahl treffen zu können. Das bedeutet, dass Bibliotheken sich überlegen müssen, wie sie ihre Häuser neu gestalten und diese neuen Aufgaben wahrnehmen wollen. Das ist dann schon eine Aufgabe, die u.a. sehr viel pädagogisches Know-How erfordert. Deswegen geht die Tendenz dahin, dass man eben auch mal schaut, ob man das bibliothekarische Fachpersonal um andere Berufsgruppen ergänzt. Jetzt würde man im ersten Moment sagen, ja das sind schon sehr getrennte Berufsgruppen, die nicht so viel miteinander zu tun haben, aber tatsächlich ist es so, dass gerade in öffentlichen Bibliotheken schon immer in irgendeiner Form pädagogisch gearbeitet wurde, auch wenn natürlich die meisten Kolleginnen und Kollegen die ich habe, nicht Pädagogik in der Form studiert haben. In meinem Fall ist es so, dass ich ganz klassisch Erziehungswissenschaft studiert habe, aber wir haben zwei Kollegen, die sind Musikpädagogen hier im Haus, und so nimmt das nach und nach eine Mischform an und das finde ich eigentlich ganz schön.

Mediennetz: Als Medienpädagogin in der Bibliothek bist du (noch) eine Exotin. Welchen Herausforderungen begegnest du dabei?

Kathrin Joswig: Es ist schon eine Herausforderung, die erste Medienpädagogin in diesem Bereich hier zu sein. Ich habe einiges an Erklärungs- und Grundlagenarbeit zu leisten: mich mit den Kolleginnen und Kollegen darüber zu verständigen, was ich vorhabe, was das für ihre Arbeit bedeutet und was sich dadurch verändert. Ich habe in der Kinderbibliothek eine Kollegin, die auch aus dem medienpädagogischen Kontext kommt und gleichzeitig Bibliothekarin ist. Da ergeben sich gerade die ersten Überschneidungen und dadurch wird es letztlich immer einfacher. Ich bin hier mittlerweile also auch ganz gut angekommen. 

Mediennetz: Welche Potenziale ergeben sich dadurch?

Kathrin Joswig: Die Arbeit in der Bibliothek bietet wahnsinnig viele Möglichkeiten. Es heißt zwar Bücherhallen, aber wir haben hier alles, was man sich an Medien vorstellen kann. Das heißt, ich bin hier mit Inhalten umgeben, mit denen ich gerne arbeiten möchte. Eine öffentliche Bibliothek ist auch ein Ort, zu dem viele Menschen kommen. Die Zentralbibliothek verzeichnet am Tag beispielsweise zwischen 2000 und 4000 Besucherinnen und Besucher - das ist eine tolle Chance, sehr viele Menschen aus verschiedensten Kontexten zu erreichen.

Mediennetz: Ab diesem Herbst zieht die ComputerSpielSchule Hamburg in die Zentralbibliothek der Bücherhallen Hamburg. Für das Projekt kooperiert ihr mit der Initiative Creative Gaming. Welchen Mehrwert haben solche Kooperationsangebote in Hinblick auf die Medienkompetenzförderung in Bibliotheken?

Kathrin Joswig: Ein großer Mehrwert ist es, dass durch solche Kooperationen neue Ideen und neue Impulse ins Haus kommen. Bei der ComputerSpielSchule kooperieren wir zum Beispiel mit Medienpädagogen, die sich besonders gut mit Computerspielen im pädagogischen Kontext auskennen. Das ist ein Know-How, was wir in diesem Maße gar nicht so erreichen können, weil wir teilweise ganz anderen Aufgaben nachgehen. Das Angebot läuft jetzt schon zwei Jahre sehr gut und daher haben wir uns entschieden, die ComputerSpielSchule ab September mit eigenen Mitteln auf mindestens ein Jahr weiter zu fördern. Die offenen Schultage werden dann in der Zentralbibliothek stattfinden, für einige Stadtteilbibliotheken sind Ferienworkshops geplant. Eine Ergänzung, die wir auch noch anbieten wollen, ist ein Beratungsangebot für Eltern.

Mediennetz: Gibt es weitere medienpädagogische Angebote in der Zentralbibliothek?

Kathrin Joswig: Das kommt ein bisschen darauf an, wie man den Begriff fasst. Seit vielen Jahren gibt es bei uns zum Beispiel schon Angebote für Schulklassen. Die fallen zwar bisher eher in den Bereich Recherche- und Informationskompetenz, aber aus meiner Perspektive gibt es eindeutige medienpädagogische Bezüge: man lernt dabei, wie eine gute Recherche gelingt, wie verschiedene Mediensysteme und Datenbanken funktionieren und wie einem diese Kompetenzen auch in der Schule helfen können. In der Bücherhalle Barmbek findet aktuell auch jeden dritten Samstag das CoderDojo statt. Dort können Jugendliche sich angeleitet von Medienpädagoginnen und -pädagogen im Programmieren ausprobieren. Projekte dieser Art gibt es immer mal wieder, auch Trickfilm-Workshops haben hier schon stattgefunden. Manchmal von uns selbst entwickelt und manchmal auch mit Kooperationspartnern.

Mediennetz: Bezogen auf den Strukturwandel und die Digitalisierung, welchen Stellenwert sollte die Medienpädagogik in der Bibliothek haben?

Kathrin Joswig: Also aus meiner Perspektive wäre es ganz toll, wenn die Medienpädagogik flächendeckend auch immer wichtiger wird. Ich sehe auch eine ganz große Chance darin, fachlich die Teams zu mischen. Für viele Bibliotheken - da sind wir als Bücherhallen in einer sehr glücklichen Lage - ist es relativ schwierig, fachfremd einzustellen. Das hat etwas damit zu tun, dass viele Bibliotheken noch an die städtischen Kommunen angebunden sind. Da gibt es aber große Veränderungen. Ich finde besonders toll, dass auch in der Ausbildung der Bibliothekarinnen und Bibliothekare schon überlegt wird, wie man Anteile von pädagogischer Arbeit in die bibliothekarische Ausbildung einbeziehen und welche Zusatzqualifikationen man für Bibliothekare und Bibliothekarinnen anbieten kann.

Das Mediennetz Hamburg bedankt sich für das Interview.

(Ann-Marie Solka)